Kritik: Katzenjammer – Rockland – Fünfeinhalb Jahre mit Katzenjammer

Die Kritik zum Album findet sich weiter unten…

Ich kann es selbst kaum fassen, wie lange es doch tatsächlich her ist, dass ich Katzenjammer zum allerersten Mal gehört habe. Im Sommer 2009 bin ich durch die Links zu kostenlosen, legalen mp3-Downloads auf der Seite tonspion.de gestöbert (ja, an sowas wie Spotify hat hier tatsächlich da noch niemand wirklich gedacht).

Die Beschreibung zum Titel „A Bar In Amsterdam“ hat mich jedenfalls so angefixt, dass ich mir diese Vorab-Single heruntergeladen habe. Von diesem Zeitpunkt an, beginnt eine der größten Leidenschaften für eine Band in meiner musikalischen Interessen-Laufbahn. Seitdem habe ich „A Bar In Amsterdam“ bestimmt über 100 Mal gehört und bin es immer noch nicht leid geworden.
Auch viele meiner ersten, noch sehr von jugendliche Ungeübtheit geprägten Artikel in meinem Musikblog waren von Euphorie über diese tolle, neue Band geprägt (Anspieltipp (1) aus  Juli 2009).

Über die vergangenen fünfeinhalb Jahre ist die norwegeische All-Girl-Band nicht mehr wirklich von meiner Seite gewichen. Das Debüt „Le Pop“ hat mich nicht mehr losgelassen und am 25.10.2009 war ich auf meinem allerersten Katzenjammer-Konzert im Düsseldorfer zakk. Dieses wurde damals noch kurzfristig vom wirklich kleinen „Club“ in die „Halle“ verlegt. Von da an ist die Erfolgskurve der Multiinstrumentalistinnen nur noch nach oben gestiegen.

Der Höhepunkt der bisherigen Karriere war mit Sicherheit das bisher am besten besuchte Headliner-Konzert am Tanzbrunnen in Köln am 23.06.12 mit unfassbaren fast 8000 Zuschauern (trotz DFB-EM-Spiel). Zuvor gab es bereits Auftritte im Sat.1 Frühstücksfernsehen und massig Promotion, dank neuem Major-Label-Vertrag bei Vertigo in Deutschland.

Dieses Konzert war quasi das Ende meiner „bedingungslosen Liebe“ zu dieser Band. Mit Airplay im Mainstream-Radio eröffnet sich die absolut mitreißende und einzigartige Musik schließlich auch ganz neuen Publikumsfeldern. Der Erfolg ist und war ihnen absolut zu gönnen und hart erarbeitet. Aber als Fan der früheren Stunden, musste man damit auch einen Verlust der ausgelassenen Stimmung im Publikum vernehmen. Waren die früheren Konzerte, selbst dann etwas später in größeren Clubs, immer noch wirklich spaßig, war das Live-Erlebnis hier nicht mehr so begeisternd.

Katzenjammer - Rockland - CoverHier schließt sich auch der Kreis zum inzwischen dritten Studioalbum „Rockland„, welches kürzlich erschienen ist. Eine Band entwickelt sich meistens weiter, mal in positive, mal in negative Richtung. Katzenjammer machen immer noch tolle Musik mit einigen markanten Markenzeichen, aber die wilde, folkige, rockige Ästhetik ist weitgehend verschwunden.

So viel versprechend der Albumtitel auch ist, mit (Folk-)Rock haben die Songs nicht mehr viel zu tun. Bereits die Single „Lady Grey“ schlängelt sich zwar mittelzügig in die Gehörgänge, um sie nicht mehr zu verlassen, kommt aber gleichzeitig auch mit einer ordentlichen Portion 0815-Pop daher. Was in einzelner Ausführung noch nicht einmal weiter schlimm wäre, setzt sich jedoch weiter fort. Der Opener „Old De Spain“ ist einfach nur eine Country-Pop-Nummer mit minimalem Katzenjammer-Anstrich. „Curvaceous Needs“ führt diesen Faden fort.

„Oh My God“ ist eine der kleinen Überraschungen auf der Scheibe. Ein gewissermaßen experimenteller Song, der stark aus dem bisherigen Portfolio heraussticht. Mit Sprechgesang und trockenem akustischen Unterbau wirkt er etwas unpassend, aber irgendwie doch recht cool.
Am meisten angetan hat es mir noch „My Own Tune“. Eine sehr an „Tea With Cinnamon“ erinnernde sommerlich-leichte Nummer, die einen unweigerlich zum Lächeln bringt.
Retro Stefson? Die kommen mir zumindest bei den ersten Takten von „Shine Like Neon Rays“  in den Sinn. Dennoch gehört der Song zu den besseren, da hier mal wieder ein wenig frische, Katzenjammer-typische Instrumentierung auffällt.

Der Großteil der Instrumentals besteht inzwischen leider nur noch aus Akustikgitarre, ruhigem Bass und gedämpftem Schlagzeug. Glockenspiel, Ukulele Mandoline oder Akkordeon sind z.B. kaum noch und wenn sehr sanft im Hintergrund zu vernehmen. Es ist nicht mehr viel da vom wilden „auf die Pauke hauen“, wie im mit Zirkus-Charme punktenden Titelsong vom Debüt.

Der letzte Bonus-Titel der „Limited Deluxe Edition“ hat etwas von Selbstironie (ebenso der Albumtitel). Mit „Ouch!“ findet sich hier ein Song als Studio-Version, der bereits seit einigen Jahren fester Bestandtteil der ((immer noch) etwas wilderen) Live-Sets ist. Hier wird noch geklappert, geklackt und mit dem Blues spielend gerockt, wie es mir an Katzenjammer eigentlich am meisten gefällt.

„Rockland“ ist keinesfalls ein schlechtes Album. Es finden sich nette Melodien und Ideen, der Grundcharakter ist noch nicht ganz verschwunden und man versucht sich auf neuen Wegen (leider jedoch eigentlich nur in Richtung Country). Doch das etwas rohe, wilde, ungezügelte der ersten Jahre ist leider nur noch in kleinen Details zu finden.

Neben Auftritten auf zwei der größten deutschen Festivals, Hurricane und Southside, stehen bereits ein paar Konzerte für den Frühling in kleinen Hallen in Deutschland fest:

04. März: Köln – Palladium
05. März: Dresden – Alter Schlachthof
06. März: Berlin – Columbiahalle
07. März: Bielefeld – Ringlokschuppen (ausverkauft!)
09. März: Hamburg – Grosse Freiheit 36 (ausverkauft!)
10. März: Mannheim – Maimarkt Club
20. März: München – Tonhalle (ausverkauft!)
21. März: Wiesbaden – Kulturzentrum Schlachthof

Jess And The Ancient Ones – Castaneda 10“

 

Nach länger Zeit erscheint vom großartigen finnischen Projekt Jess And The Ancient Ones endlich wieder eine Veröffentlichung. Bei „Castaneda“ handelt es sich um eine 2-Track-10“, die neben dem Titeltrack, den vermutlich exklusiven B-Seiten-Titel „As To Be With Him“ enthält. Zunächst beeindruckt vor allem das wirklich sehr schöne Artwork in Hochglanz-Optik. Es ist sogar ein hochwertiges Textblatt beigelegt. Die Vinylscheibe selbst ist eher orange, als gelb, passt aber gut zum Cover. Diese „gelbe“ Variante ist auf 700 Stück limitiert, zusätzlich gibt es noch klassisches Schwarz (1000 Stück) und „Oxblood Red“ (300 Stück). Die Klangqualität ist befriedigend, aber könnte besser sein. Gleiches gilt für die beiden Songs, die typisch für JATAO im Okkult-Rock-Gewässer schwimmen. Man hört eine klare 60er/70er-Ausrichtung und im Gegensatz zu den bisherigen Veröffentlichungen etwas mehr Psychedelik statt Catchyness.

 

Kritik: Slash Feat. Myles Kennedy And The Conspirators – World On Fire

Slash – World On Fire – Cover

Die letzten beiden Scheiben die der Mann mit Zylinder veröffentlicht hat, waren zwei erdige Melodic-Rock-Alben mit einer Schar illustren Gästen („Slash“) und das Debüt einer quasi neuen Band („Apocalypic Love“). Spätestens jetzt mit dem zweiten Album des Projekts muss man fragen: Warum heißt es „Slash feat.(!) Myles Kennedy And The Conspirators“?

Der Band-Sound klingt so perfekt arrangiert und harmonisch, dass man hier gar nicht auf den Gedanken kommen könnte Mr. Slash möchte hier nur seinen guten Ruf nutzen um Kohle zu scheffeln und sich in den Mittelpunkt zu stellen.

Auf „World On Fire“ werden einem zunächst fünf unglaublich Starke Hits in die Ohren gepustet, sodass sie dort lange nicht heraus kommen. Auch unter den weiteren zwölf(!) Songs findet sich kein bisschen Füllware, auch wenn vielleicht nicht alle Songs das Niveau des ersten Parts bis zur schließlich semiguten Verschnaufpause („Bent To Fly“) halten können. Ausschließlich Qualitätsware findet man nur selten auf einem fast 80 Minuten langen Alben. Doch die Kombination der Band-Mitglieder, vor allem ein vielleicht nicht sofort begeisternder, aber letzendlich perfekter Sänger und natürlich ein großartiger Gitarrist, der einen Spitzen-Part nach dem anderen heraushaut, machen „World On Fire“ zu einem der wohl mitreißendsten, obwohl gleichzeitig längsten (Hard) Rock-Alben des Jahres (das meilenweit über Guns’N’Roses-Retro-Qualitäten hinaus geht).

Kritik: Kadavar – Live In Antwerp

kadavar-live-in-antwerp-vinyl-coverIch war voller Vorfreude als bekannt wurde, dass man bereits nun nach knapp zwei Alben und Jahren ein vollwertiges Live-Album veröffentlichen würde. Bei zwei Konzerten hatte mich die Band einfach vollends überzeugt: Starke Songs plus großartige Live-Musiker. Als dann das Cover-Artwork veröffentlicht wurde, freute ich mich schon das Ganze in der schicken Doppel-Vinyl-Variante entgegen zu nehmen.

Ich orderte über den österreichischen Label-Shop von Napalm Records die goldene Version mit einer Limitierung auf 100 Stück (bisher niedrigste). 26,99€ ist schon ein deftiger Preis, auch für eine Doppel-LP, aber von Nuclear Blast ist man ja eigentlich nur Top-Ware gewohnt.

Kurz nach dem Erscheinungstermin trudelte dann die Platte bei mir ein. Schnell ausgepackt und das schicke Gatefold begutachtet. Auf der Folie ein Hype-Sticker mit der Angabe der Limitierung. Die Platten wurden wieder vorbildlich für den Versand nicht in die Cover gepackt, sondern in guten gefütterten Sleeves extra eingelegt. Die goldenen Scheiben in die Hand genommen und ernüchternd festgestellt: Kein 180-Gramm-Vinyl. Schade! Bin zwar niemand der das unbedingt braucht, aber von NB war ich es eigentlich gewohnt und auch der Preis suggerierte mir das. Die goldene Farbe ist dennoch wiedermal sehr schick. Egal! Letzendlich geht es ja um die Musik.

Scheibe auf den Teller gelegt und ab die Post. Kadavar sind in der ganzen Retrowelle eine Band die eine bunte Mischung aus klassischem Hard Rock mit recht starken psychedelischen Einflüssen und frühem 70er-Jahre-Metal mit Doom/Stoner-Schlagseite spielen. Nie zu hart, nie zu seicht und nie zu abgedreht. Auch auf dieser Live-Scheibe bieten sie einen sehr guten Überblick über ihr Repertoire. Den Überhit „Doomsday Machine“ (steht „Paranoid“ in nichts nach, vor allem live!) findet sich direkt an zweiter Stelle, gefolgt vom wunderbar rollenden „Black Sun“. Die straighteren Songs (eher von „Abra Kadavar“ scheinen sich mit den in großartige Jam-Sessions ausladenden, aber immer auf den Punkt kommenden Tracks (finden sich eher auf dem Debüt) ein wenig abzuwechseln, was die Platte echt nah an das echte Live-Erlebnis der Band heranbringt. Auch der rohe Sound tut sein übriges dazu. Leider ist er mir jedoch etwas zu roh. Von Bootleg-Qualität kann man nicht sprechen, aber irgendwie poltert es doch etwas zu viel für meinen Geschmack – Atmosphäre hin oder her. Am Ende ist man sich jedoch bewusst, wie gut die drei Musiker sind. Es ist einfach sehr interessant und abwechslungsreich ihnen und ihrer großen musikalischen Bandbreite live zuzuhören.

Die Live-LP ist trotz einiger Kritikpunkte (hoher Preis, nur Standard-Vinyl, mäßig guter, streitbarer Sound) definitiv eine Investion wert! Hier erlebt man eine großartige Band in ihrem besten Format: Live!

Deep Purple – Made In Japan 2014 Limited Super Deluxe Set

Quelle: Universal Music

Da liegt es also nun vor mir. Das Box-Set, was mich fast 100€ kostet. Ich hatte zuvor mehrfach nachgedacht, die Bestellung zu stornieren, doch jetzt wo das recht schwere Päckchen vor mir liegt, bin ich froh es nicht getan zu haben

Vorab: Über die grundsätzliche Qualität dieses Live-Albums werde ich nichts schreiben, da es nun einmal unabstreitbar in Anbetracht des Aufnahmedatums eines der besten, wenn nicht gar das beste überhaupt ist.

Auch über die Qualität des nun erneut erfolgten Remastering bzw. Remixing werde ich nicht urteilen. Dem einen wird es gefallen, manche werden immer noch meckern.

Über die Beweggründe die zur Produktion dieser x-ten Neuauflage geführt haben, muss man auch nicht viele Worte verlieren. Natürlich geht es darum hiermit Geld zu verdienen. Aber es dürfte jedem Musikkenner klar sein, wer von Band und Label letzendlich dafür verantwortlich ist.

Feststeht aber: Hier wird der Fan nicht abgezockt. Das Album ist noch nie in solcher Form mit entsprechendem Bonus-Material veröffentlicht worden. Wer kein Fan ist, braucht entweder nur eine alte 2CD/LP-Version oder kann sich jetzt die neue zulegen. Wer aber großer Deep Purple Fan ist, wie ich es auch bin, der sollte großen Gefallen an diesem Produkt finden.

Die ersten 3 CDs enthalten jeweils eines der drei berühmten Konzerte (Osaka 15th, Osaka 16th & Tokyo 17th August 1972) mit jeweils auch identischer Setlist.

Auf CD 4 finden sich die Zugaben aller der drei Konzerte. Dreimal „Black Night“, zweimal „Speed King“ und einmal das Cover „Lucille“.

Allein diese Aufteilung sollte klarmachen: Das braucht nur ein Sammler bzw. Komplettist!

Wer Deep Purple gerne mag, aber mehr auch nicht, wird kaum Gefallen daran haben alle Songs bis zu dreimal zu hören. Auch hier wieder der Hinweis auf die reguläre zwei Tonträger-Variante.

Nun zum speziellen Teil, der dieses Box-Set besonders lohnenswert macht und den Preis in gewisser Form rechtfertigt.

Neben den 4CDs, enthält das Set auch noch eine exklusive DVD mit einer bisher wirklich(!) unveröffentlichten Dokumentation über das Album, die Japan-Tour und einige Hintergründe. Hoffentlich wird sie nicht noch auf anderem Wege veroffentlicht, sodass es wirklich etwas besonderes bleibt. Auf der DVD finden sich des Weiteren noch eine sehenswerte Mini-Doku aus dem Jahr 1972, sowie zwei Clips. Darunter der erstmals veröffentlichte offzielle Musikclip für „Smoke On The Water“.

Als letzter Tonträger findet sich eine 7“-Replika mit zwei „Edited Versions“ von „Smoke On The Water“, welche damals als Promo in Japan veröffentlicht wurde. Diese 7“ findet sich unverständlicherweise nicht in der 9LP-Box, weshalb ich mich auch für das CD-Deluxe-Set entschieden habe.

Die Gesamtlaufzeit der Ton/Bildträger beläuft sich auf knapp 380 Minuten.

Nun ein ganz wichtiger Punkt. In der Box findet sich ergänzend ein Download-Voucher für das originale Album, also ohne Zugaben, im Original und 2013 Mix in HD Audio.
So etwas habe ich zuvor noch nie einem Box-Set vorgefunden und ist wirklich sehr lobenswert.

Nun zum rein physischen Bonus-Material.
Die CDs und die DVD haben Einschub-Fächer im Einband eines 60-seitigen Hardcover-Buch im Großformat, welches der schwerste Teil des Box-Sets ist. Die Qualität ist außerordentlich vorbildich und sogar der Inhalt selbst ist lesens- und sehenswert, da hier Archivbilder optisch ansprechend neben kurze Texte und reihenweise aktuelle Zitate von anderen Musikern gestellt werden. Im hinteren Teil finden sich zudem alle Songtexte und überraschenderweise ein Abdruck (vermutlich) sämtlicher „Made In Japan“-Pressungen weltweit mit Katalognummern. Sehr interessant!

Zusätzlich liegen in der sehr sehr dicken Hardcover-Box eine Replik des originalen Tourprogramms (nicht lesenswert, da natürlich auf Japanisch, aber da auf dickem Papier gedruckt sehenswert) und ein Poster mit einer Art Stammbaum um alle Band-Mitglieder und deren Nebenprojekte bis Ende der 70er Jahre. Sehr verwirrend, aber umso spannender zu entdecken.
Als letztes Extra findet sich ein DIN A4 Bogen mit einer originalen Presse-Erklärung zum Album.

Dieses Komplett-Paket lässt einen „Made In Japan“ völlig neu und sehr intensiv wiederentdecken. Das Geld ist es tatsächlich wert, da es nicht ein billig zusammengepacktes, sondern sehr bedacht zusammengestelltes Box-Set ist, welches auch neben dem Inhalt physisch zu 100% überzeugen kann.

Aktuell ist das Box-Set z.B. über Amazon und jpc.de für knapp 100€ erhältlich.